Montag, 29. April 2013

Die Entwicklung des Schulranzen

Neulich als ich unsere Tochter an der Schule abgesetzt habe und wegen einer Rückstaubildung gezwungenermaßen etwas länger mit dem Auto stecken blieb, hatte ich die Gelegenheit, die Schulkinder ein wenig näher zu beobachten. Dabei fiel mir auf, dass der mir bekannten Schulranzen eine Rarität geworden ist.

Jeder, der mal die Einschulung seines Kindes mitgemacht hat, weiß, wie schwer es einem fiel, den richtigen Schulranzen für sein Kind gesucht und gefunden zu haben. Die Hersteller haben den Eltern einen großen Teil ihrer Entscheidung abgenommen, was die Funktion eine Schulranzen zu erfüllen hat, wie z.B. Form, Gewicht, Farbe etc. Denn laut unserer deutschen Norm produzieren sie ihre Schulranzen nach DIN-58124, d.h. der Ranzen muss mit mindestens 20 Prozent fluoreszierendem Material und 10 Prozent der Vorder- und Seitenflächen mit retroreflektierenden Materialien ausgestattet sein; die Farben Orange-Rot und Gelb sind vorgeschrieben, und und und.
Was den Preis betrifft, gibt es auch eine DIN: Der International bekannte Marken-Name.

Faustregel: Je bekannt der Markenname ist, desto beliebter der Ranzen. Die Dreikäsehoch sind ja noch nicht eingeschult, können folglich nicht mal bis 10 zählen, geschweige bis zum auf dem Preisschild ausgezeichneten Betrag von 189,99 Euro.


Eine der vielen Schultaschen unserer Tochter

Jedenfalls gehörte ich damals auch zu den Eltern der einzuschulenden Kinder, die lieber mit Faustregel arbeiteten. Meine Annahme, dass ein Ranzen, mit dem meine Tochter liebäugelte, auch seine Funktion als Schulgefährte länger wahrnehmen könnte, erwies sich sehr schnell als irrtümlich. In der 2. Klasse war Winx Club brandaktuell. Oder waren es die Disney-Prizessinnen? Oder war es in der 3. Klasse? Ich weiß es nicht mehr. Ich kann mich nur noch vage an die verschiedenen Ranzen erinnern, die aufgestapelt auf unserem Dachboden herumlagen.

Ähnlich wie in der Damenmodewelt, wo es nur von „eleganten Taschen, die in Stil und Größe zu Ihnen passen“ oder von „Taschen zu jedem Anlass“ etc. wimmelt, wurden die Kids ab einem gewissen Schulalter oder eher ab einer gewissen Schulklasse von Schoolbags, Collegemappen, Umhängetaschen … oder noch gängiger, von Converse, Dakine, Vintage, Messenger ... überflutet. Die Liste der Markennamen werden länger, denn hier hat die deutsche DIN nichts zu suchen.
Hier hat die freie Marktwirtschaft die Oberhand.
Hier haben die Kids das Sagen.

Die Lebensdauer des Auf-Dem-Rücken-Getragenen-Undefinierbaren-Etwas-Zum-Transport-Von-Schulmaterialien unserer Tochter wurde immer kürzer.

Die Form des Auf-Dem-Rücken-Getragenen-Undefinierbaren-Etwas-Zum-Transport-Von-Schulmaterialien unserer Tochter wurde immer kurioser.

Heute Morgen ist sie mit einem Stoffbeutel, den die umweltschonenden Denker im Supermarkt zum Einkaufen benutzen, zur Schule gegangen.