Im Winter 1998 ließ der Schneesturm den südlichen
Teil Ontario im Schnee versinken. Die Temperatur sank in der Nacht bis auf minus
45 Grad Celcius. Die
Landesregierung und die örtlichen Behörden riefen den Kältealarm (Cold Alert)
aus.
In einem
Vorort von Toronto, wo ein Großteil
der Bevölkerung aus einfachen Arbeitern und Obdachlosen besteht, fiel der Strom
aus. Das ganze Gebiet
versank in der Finsternis, das Alltagsleben gelähmt, die Straßen menschenleer.
Die Regierung rief die örtlichen Verwaltungsbehörden auf, öffentliche
Einrichtungen oder Gebäuden, die noch über Strom und funktionierende Heizungen
verfügten, ihre Tore zu öffnen, um Menschen Zuflucht vor der tödlichen Kälte
zu gewähren.
Die Heizungen der St Nicholas
Kirche waren noch in Takt, da die Kirche glücklicherweise ihren Strom aus der
angrenzenden Region bezog.
An diesem Abend kam
Pfarrer John bei Einbruch der Dunkelheit von einer Dienstreise
zurück. Die Kirchentür war mit dicken, schweren Schlössern
verschlossen. Verwundert fragte er seinen Vikar nach dem Grund.
- Euer Hochwürden, seit dem die Obdachlosen
Gegenstände von unserer Kirche wie Kerzen, Kelchen ... gestohlen haben, schließe ich
abends immer die Kirchentür ab. Wie Euer Hochwürden wissen, unsere Kirche ist
arm, die Mitglieder der Kirchengemeinde tragen nur wenig bei,
wir haben nicht mal genug Geld, um die Heizkosten auszugleichen, geschweige
denn neues Kircheninventar zu erwerben.
Wehmütig antwortete Pfarrer John:
- Unsere Kirche trägt den Namen
des Heiligen Sankt Nikolaus. Wenn wir diesen Menschen nicht mal einen Dach über
den Kopf und ein bisschen Wärme geben könnten, dann haben wir nichts mehr zu
geben.
Dann ging Pfarrer John die
Kirchentür öffnen, seine Worte hallten durch die ganze Kirche:
- Ohne
Nächstenliebe sind wir wirklich arm.
NorthYork, im Winter 2000
Lê Anh Dũng