Ok, ich bin Geld gierig. Meine andere Hälfte meint, manchmal
geizig. Aber sag mal ehrlich, wenn Du für Deine Gesundheit etwas tun kannst und
erhältst von Deiner Krankenkasse noch Geld dazu: Würdest Du es nicht tun?
Ich kriege von meiner Krankenkasse jährlich ein Bonusheft.
Dieses Bonusheft enthält verschiedene Maßnahmen, die, wenn durchgeführt worden,
ein Bestätigungsstempel kriegen. Für drei solche Stempeleinträge kriege ich 50€
von meiner Krankenkasse, für 6 100€ und für 9 Maßnahmen gibt es sogar 200€. Einfach, oder? Denke ich, also blättere ich dieses Bonusheft durch und finde
die Maßnahme: Teilnahme an einem Volkslauf etc.
Also Laufen ist nicht mein Ding, ich bin zu groß, zu schwer und meine
Kniegelenke besitzen deutliche Gebrauchsspuren. Aber Gehen kann ich, d.h. ich
suche nun nach einer Möglichkeit wie man beim Gehen Geldverdienen kann und komme
mit einer Arbeitskollegin ins Gespräch, die bei der gleichen Krankenkasse ist
wie ich. Sie macht mich auf den Aachener Engellauf aufmerksam, 10 km walking
oder Nordic walking, in 3 Wochen.
Nordic
Walking habe ich schon mal gehört: trockener – weil ohne Schnee – Langlauf. Ohne
Skier natürlich, aber mit Stöcken. Was ist walking? Erstmal anmelden über ein
Fitness Center, nicht direkt, weil (ich bin ja geizig): Das Fitness Center spendiert ein T-Shirt. Bei der
Anmeldung frage ich, was ist walking. Offizielle Antwort: schnelleres
Gehen, irgendwo zwischen Gehen und Laufen. Ok, kann ich, schnell auch, wenn es
sein muss. Nächste Frage, an mich selbst. Vorbereitung? Erstmal durch den
Stadtgarten und zurück. Gedacht und gemacht: 6 km in 1h 06 min, hochgerechnet
auf 10km: 1h 40 min. Zu langsam, also nächste Woche nochmal. Aber es gab kein
nächstes Mal, sondern nur Fitnesscenter und Crosstrainer.
Der Tag kommt. Ziel gesteckt: 90 min, optimistisch; 100 min
realistisch. Der Start ist ein wenig chaotisch: keiner weiß genau wo und in
welcher Richtung, aber alles regelt sich von alleine. Das Startkommando wird
gegeben und schon das erste Problem: zu viele Leute, die Ski-Langlauf machen
wollen und nicht vom Fleck kommen. Lösung: irgendwie durch mogeln. Endlich
freie Bahn. Vorne marschieren, Entschuldigung, walken die ersten in einem
beachtlichen Tempo. Zu schnell für mich. In
diesem Moment kam mir das Glück zur Hilfe: Ein Herr, etwa in meinem
Alter, besitzt ungefähr ein Tempo, mit dem ich irgendwie mithalten kann. Solidarisch walken wir ca. 6,5 km, durch Matsch mit
Sonne oder Windböen oder Regen, alles abwechseln inklusive Steigungen hoch und
runter, wobei mir das runter etwas schwerer fällt als das rauf, weil meine
Zehen irgendwie gegen die Schuhe drücken, bei bergab. Das Ganze begleitet durch
eine nette Unterhaltung mit dem Mitstreiter.
Nach 6,5 km wird der Abstand zu
meinem Mitstreiter etwas größer und ich kann auch die Lücke nicht mehr
schließen. Ab 7 km walke ich alleine.
Die Muskeln werden härter, die Bewegungen nicht mehr so flüssig. Die
Sehnsucht nach einer Sitzgelegenheit wird größer. Der Inhalt eines gereichtem
Becher Wasser erreicht nur zur Hälfte das Ziel.
Jede kleine Steigung wird zur Qual. Endlich eine Bank nach Kilometer 8.
Rückenschmerzen, verhärtete Beine und eine Blase am Fuß versuchen mich zu
überreden, mich hinzusetzen. Mein innerer Schweinehund werft ein, dass, wenn
ich erstmal sitze, nicht mehr so schnell aufstehe. Ergebnis: weiter. Hinter
jeder Kurve wird vermutet, dass ein Schild mit 9 km auftaucht. Nach einer
unendliches Anzahl von Kurven kommt das Schild. Das Ziel rückt näher, die Musik
aus dem kleinen Stadion, in dem sich das Ziel befindet, wird lauter. Endlich
ist eine Schranke beim Eingang zum Stadion zu sehen. Mehr Leute stehen dort
auch rum. Jetzt noch ein kleines
Stück. Jemand fragt mich nach meiner Startnummer. Mein Mitstreiter steht an der
Seite und feuert mich an.
Endlich ist es geschafft. Erster Blick auf das Handy:
Es ist 11:55 Uhr. Start war ca. 10:30 Uhr., d.h. unter 90 min. Schön! Ein Griff
zu einem Powerrade fake und erstmal trinken und handshake mit meinem ehemaligen
Mitstreiter. Irgendwann kommt meine offizielle Zeit: 1 h 26 min 2 s. Super
Zeit.
Vielleicht mit einwenig mehr Training ist nächstes Mal eine bessere Zeit
drin, vielleicht auch ein neues Bonusheft von der Krankenkasse. Leicht verdientes
Geld? Nein. Wenn ich mir überlege, wie lange meine Beine und die Blase am Fuß weh
tun, ist es ein mieser Stundenlohn, finanziell. Für die Gesundheit: UNBEZAHLBAR.
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