Freitag, 4. Oktober 2013

Rotbraun oder Schwarz?

Neulich wollte unsere Tochter ihre Haare rot-bräunlich färben.
Es war nicht der Farbton, der mir nicht gefällt.
Es war nicht das Färben, das mir nicht gefällt.
Es war die Kombination von Alter und dem Haare-Färben, was mir nicht gefallen hat.

Unsere Tochter hat tiefschwarzes Haar. Schwarz wie die Nacht, die man trotzt Mondlicht und zig hellleuchtenden Sternen noch die Elektrizität benötigt, um etwas erkennen zu können. 

Ich liebe die Nacht. Man muss in der Regeln nachts nicht arbeiten. Der erholsame Nachtschlaf fördert die Regeneration des gesamten Organismus, trägt zur Zellerneuerung bei und lässt uns tagsüber gesund aussehen und energievoll tätig sein. Ich kann nicht behaupten, dass ich auch schwarze Haare wie ich die Nacht liebe. Manchmal sind sie mir wirklich zu schwarz, vor allem wenn man in das Alter kommt, wo graue Haare, die bei uns Asiaten eigentlich farblos sind, wie silberne Fäden  aus der dunklen schönen schwarzen Haarpracht herausragen.

Ich habe nächtelang im Internet herum gesurft. Ich fand heraus, dass das Gesetz Frisören verbieten, unter 16-jährigen die Haare zu färben, da in Haarfärbemittel chemische Subtanzen enthalten sind, die allergische Schocks auslösen. Ein Mädchen in England starb an einem solchen Allergieschock.

Unsere Tochter hat diverse Allergien. Sie ist allergisch gegen „Vor-11-Uhr-Ins-Bett-Gehen“, gegen „Wäsche-Muss-In-Den-Wäschekorb“, gegen „Klamotten-Gehören-Nicht-Auf-Den-Boden“ und gegen unendlichen vielen anderen Dingen, die mit Ordnung und Disziplin zu tun haben. Daher hatte ich wahnsinnige Angst, als ich von der Haarfärbemittel-Allergie erfahren habe. Wir diskutierten, wir stritten, kurzum wir gingen uns an die Haare. Nichts half. 

Dann wurde das Thema wegen des Sommerurlaubs erstmals stillgelegt.

Saint-Hubert. Kilometerlange Einkaufstrasse in Montreal. Modegeschäfte. Schuhgeschäfte. Schmuckgeschäfte. Und Clip-In-Extensions-Geschäfte. Für Mütter, die zum ersten Mal mit dieser Thematik in Berührung gekommen sind: Clip-In Extensions sind eine besonders schnelle Art, um sich die Haare zu verlängern. Sie werden einfach im Haar festgeklemmt. Es gibt sie entweder aus Echthaar oder aus Kunsthaar. Sie sind in vielen Farbvariationen - meine Betonung liegt auf das Teilwort „Farb“ - erhältlich. Unsere Tochter kannte sich aus. Sie überzeugte mich, dass es wie echt gefärbte Haarsträhnen aussehen würde. Der Verkäufer versicherte mir, man kann die Clip-In Dingsbums färben, schneiden, toupieren und in Locken legen wie echtes Haar und sie sind dabei schonend für das Eigenhaar. Das Wort „schonend“ war für mich der Schlüssel zum Tresor.



Nur der Preis irritierte mich ein wenig. Eine Packung mit ein paar dünnen Strähnen kostete … 100 Dollars. Der erst genannte Preis. Da der Verkäufer seinem Aussehen nach aus dem Orient stammte, war es am Ende 80 Dollars für 2 Packungen und einen nicht mehr vollständigen Set als Freundschaftszugabe (bis heute ich weiß ich leider immer noch nicht, wie diese Freundschaft entstanden ist). Ob ich dabei aufs Ohr gehauen wurde, konnte ich schlecht beurteilen, da ich keine Lust mehr hatte, andere Geschäfte aufzusuchen, um mich nach  dem richtigen Preis zu erkundigen.

Aber ich muss sagen: Es war gar kein schlechter Handel. Denn das Clips-In Dingsbums ist eine echte Alternative. Wenn unsere Tochter zu irgendeiner Party geht, wo wie sie meint, anders aussehen zu müssen, klemmt sie einfach das Clips-In Dingsbums ins Haar und schwuppdiwupp taucht aus der Tiefe der schwarzen Nacht plötzlich Miley Cyrus mit Frisuren von Braun über Rot bis Blond, von natürlich über Diva bis Punk.

Mir ist nur eins wichtig. Ich kann wieder schlafen, ohne an irgendwelche Jugendschutzgesetze zu denken.





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